Was für ein Fenster..?
Für die Bauwagenküche brauchen wir ein relativ kleines Fenster mit den Abmessungen 95x55cm, und es muss sich nach außen öffnen lassen damit es nicht in den Arbeitsbereich der Küche schwenkt. Natürlich soll es, wie alle anderen Fenster auch, mit Isolierglas ausgestattet sein damit wir eine einheitlich gute Wärmedämmung erhalten.
Das Fenster soll zwei Flügel bekommen die zu den Seiten aufschwenken und mit einer ‚Bremer Fensterstange‘ geschlossen werden.
Geht das überhaupt?
Ein Fenster das sich öffnen lässt, komplett mit Rahmen, Dichtung und Isolierglas selber bauen….
Ein bisschen mulmig ist mir dabei schon. Ziemlich viele Unbekannte und kein bisschen Erfahrung. Aber wer nicht wagt der nicht gewinnt und woher soll die Erfahrung kommen wenn nicht vom Machen.
Bei ein wenig Recherche im Netz lassen sich unzählige Profile von Holzfenstern finden. Da die meistens recht kompliziert aufgebaut und so ausgelegt sind das sich die Fenster nach innen öffnen, habe ich mir ein vereinfachtes Profil selbst erstellt.
Wenn ein Profi mit passender Ausrüstung ein Fenster herstellt verwendet er Fräser die sowohl den Rahmen als auch das dazu passendende Fenster mit allen Schikanen im Prinzip aus dem vollen Fräsen können. Mir stehen solche Werkzeuge nicht zur Verfügung und so bleiben zwei Varianten zur Auswahl:
- Das Profil wird aus einzelnen Brettern verleimt. Die Bretter werden entsprechend dem Profil vorher auf Maß gebracht.
- Eine Fensterkantel wird Stück für Stück so über die Tischkreissäge geführt, daß das gewünschte Profil dabei rauskommt. So wurde es mir auch von einem befreundeten Tischler empfohlen. Der Vorteil gegenüber Variante 1 wäre weniger Aufwand beim Verleimen.
Ein Versuch…
Nachdem ein Kantel (14x7x260cm) für stolze 73,00€ vor mir in der Werkstand stand wurde mir etwas mulmig. Ich hatte plötzlich Bedenken ob ich das auf meiner kleinen Hobbytischkreissäge präzise genug hinbekommen würde. Ein falscher Schnitt würde dazu führen das ein schon bearbeitetes Teil komplett neu gemacht werden müsste. Neben der dann anfallenden Arbeit ist auch der Preis für das Rohmaterial abschreckend.
Trotzdem wollte ich diese Idee, die ja auch der Vorschlag eines Profis war nicht einfach so ungeprüft verwerfen. Also habe ich mir mal ein Abfallstück 12er Balken hergenommen und habe einfach mal probiert wie gut ich das Profil rausarbeiten kann. Es ging bei dem 30cm kurzen Stück erstaunlich gut so das ich keine allzugroßen Bedenken hatte das auch bei 1m langen Stücken hinzukriegen.
Letztlich habe ich dann aber noch einen Gegenversuch mit einzelnen Brettern gemacht und fand das deutlich angenehmer. Die Kieferkantel wurde dann umgetauscht und durch zwei gehobelte Fichtenbretter (170x21x5200mm) für zusammen 35,00€ ersetzt. Da ich von den Kanteln 2 Stück gebraucht hätte stehen beim Materialaufwand also schonmal 146€ gegen 35€, wobei man fairerweise dazusagen muss das die Kieferkantel deutlich hochwertiger ist als die Fichtenbretter.
Ein schöner Nebeneffekt dieser Versuchreihe ist das dabei entstandende kleine Modell. Damit ist mir das weitere Vorgehen deutlich leichter gefallen als nur mit Zeichnungen. Ich konnte z.B. gleich am echten Teil ausprobieren ob der Spalt für die Dichtungen das richtige Maß hat. Im zweiten Bild kann man das schön sehen: Es gibt nur eine Stelle an der das Fenster den Rahmen berührt, ein Endanschlag sozusagen. Selbst wenn sich durch Quellen oder Schwindung des Holzes der Rahmen oder das Fenster in ihren Abmessungen ändern wird sich das Fenster trotzdem ohne zu klemmen schließen lassen. Die Dichtigkeit des Fensters wird durch die flexiblen Dichtungen gewährleistet.
Die Durchführung
Letztlich hat sich dann auch durch das Modell die Entscheidung für die endgültige Bauart des Fensters entschieden. Man konnte gut sehen wie dick der Mittelsteg zwischen den beiden Fensterflügeln geworden wäre und das wäre bei dem kleinen Fesnster einfach zu viel gewesen. Das eigentlich zweiflügelige Fenster wurde also zu einem Einflügeligen das sich nach oben klappen lässt.
Nachdem die Vorüberlegungen abgeschlossen waren besteht der Bau des Rahmens und des Fensters eigentlich ’nur‘ noch aus dem möglichst präzisen Zuschneiden und Nacharbeiten der Einzelteile und dem anschließenden Verleimen. Beim Zuschneiden habe ich erstmal nur das Profil hergestellt und an den notwendigen Stellen geschliffen. Die Längen habe ich überall ca 10cm länger gemacht als das endgültige Maß. So konnte ich nachher die gleichen Längen gemeinsam schneiden was die Präzision erhöht.
Der sichtbare Teil des Rahmens mit der 12° geneigten Wasserablaufseite muss noch per Hand (Japansäge, Stechbeitel und Schleifpapier) angepasst werden. Am Ende habe ich den Rahmen ‚trocken‘ mit Zwingen zusammengesteckt, um zu sehen ob alles passt und winklig ist. Auf dem ersten Bild kann man übrigens schön sehen wie einfach die Überblattung gelöst ist. Ein weiterer Vorteil der Einzelbrettervariante gegenüber der Kantel bei der man die Überblattung präzise hätte herstellen müssen.
Nach der letzen Anpassung kommt das Verleimen. Leider habe ich mich zu sehr darauf verlassen das alle Teile absolut winklig und plan sind und habe den Rahmen stehend in einzelnen Phasen zusammengleimt. Dadurch ist er, obwohl er schön rechtwinklig ist, so verzogen, dass wenn er auf dem Boden liegt zwei gegenüberligende Ecken den Boden berühren und die beiden anderen Ecken etwa 1,5cm in der Luft hängen. Diese Ecken lassen sich mit geringem Kraftaufwand auf den Boden drücken und so habe ich die Hoffnung das ich das beim Einbau in den Wagen korrigieren kann.
Die Teile für das Fenster habe ich deswegen auf dem Tisch liegend verleimt und so ist es nicht nur winklig sondern auch schön plan. Gut so, denn beim Fenster hätte ich keine Chance gehabt das irgendwie auszugleichen und das hätte unverweigerlich zu einem undichten Fenster geführt.
Nachdem nun der Rahmen und das Fenster soweit fertiggestellt sind habe ich passende Abstandshölzchen geschnitten, um das Fenster wackelfrei und zentriert im Rahmen zu plazieren. Auf dem mittleren Bild ist zu sehen wie ich sie in den Rahmen frickle. So lassen sich die Scharniere anschrauben ohne das es irgendwo zu Problemen kommt. Voilà, ein Fenster im Rohbau…
Die Odyssee mit den Glasern
In so einen schönen Fensterrahmen muss natürlich auch Glas rein. Und da ja der ganze Wagen gut gedämmt und mit tollen Isolierglasfenstern ausgestattet ist, soll auch hier Isolierglas rein. Und plötzlich geht der wirklich schwierige Teil los: Finde einen Glaser der bereit ist Dir Glas zu verkaufen…
Ich mag den Internet-Versandhandel ja wirklich gerne, aber manche Dinge mache ich doch gerne von Angesicht zu Angesicht und eine Isolierglasscheibe zu kaufen gehört zu diesen Dingen. Da ich aber zur arbeitenden Bevölkerung gehöre dachte ich einfach mal beim Glaser ums Eck anzurufen und erstmal grundsätzlich anzufragen wie sowas so abläuft, was eine Scheibe so kosten würde und ob es auch möglich wäre eine bogenförmige Isolierglasscheibe zu bekommen (für ein weiteres Fenster im Dachbogen).
Die nette Dame am Telefon konnte keine der Fragen beantworten und forderte eine E-Mail damit der Chef was dazu sagen kann. (ich frag mich für was die Dame eigentlich dort sitzt wenn sie nichtmal einen m²-Preis für Isolierglas weiß?) Naja, also hab ich flott ne Mail getippt und gleich noch an einen weiteren Glaser in der Nähe geschickt. Ich glaub ich bin zu naiv, denn eine Antwort hab ich nie bekommen. Achso doch: Der Mailer-Daemon hat mir mitgeteilt das das eben am Telefon genannte Postfach des Glasers überfüllt ist. Ein weiterer Anruf; die nette Dame ‚Ach ja das kennen wir schon, da müssen sie die andere Adresse nehmen‘. Also nehme ich die neue Adresse und…? Natürlich keine Antwort.
Das Spiel hat sich übrigens bei weiteren Glasern so oder ähnlich wiederholt: Entweder keine Antwort, der Glaser ist schon zwei Jahre in Rente und hat vergessen seinen Eintrag bei der Glaservereinigung rauszunehmen, Gläser mit einer Kantenlänge unter 50cm kann man nicht machen, usw…. Ich bin immer noch völlig geplättet von dem was ich da erleben durfte..
Irgendwann hab ich doch Einen gefunden der von Anfang an nett, kompetent und auch an einem kleinen Auftrag interessiert war. DANKE! Jetzt habe ich eine Isolierglasscheibe. Vorlegeband und Klötze hat er mir für 3,50€ auch noch mitgegeben.
Übrigens ein Tip: Handschuhe beim Umgang mit Glasscheiben sind sehr sinnvoll.
Ranklotzen
Scheiben werden nicht bündig in den Rahmen eingepasst, sondern sie haben auf jeder Seite zwischen 5 und 10mm Luft. Damit die Scheibe dann nicht im Rahmen rumschlackern kann werden an die richtigen Stellen kleine Klötzchen aus Hartholz oder Kunststoff gelegt. Die Klötze übertragen das Gewicht der Scheibe auf den Rahmen und helfen dem Rahmen ‚in Form’zu bleiben, ohne zu große Spannungen auf die Scheibe zu übertragen. Die könnte sonst springen. Die richtige Stelle hängt von der Art des Fensters, sprich von der Art wie es sich öffen lässt ab. Bei Kippfenstern sitzen die Klötze anders als bei Dreh-Kippfenstern.
Vorlegeband
Vorlegeband ist ein selbstklebendes ca. 5mm breite und 1mm dicke Schaumgummiband. Ich habe lange recherchiert und viele verwirrende, widersprüchliche Aussagen gefunden. Am Ende habe ich das Zeug einfach auf beide Seiten des Rahmens geklebt. So wird die Scheibe etwa 1mm vom jeweilgen Holzrand des Rahmens auf Abstand gehalten und bietet dem Silikon Raum um die Scheibe dicht einzufugen. Ob das jetzt so 100% fachgerecht ist kann ich nicht sagen, aber die Zeit wird zeigen ob das Fenster dicht ist und trocken bleibt…
Einglasen
Bevor die Isolierglasscheibe endgültig eingesetzt wird bekommt der Rahmen natürlich einen Anstrich.
Nachdem der Anstrich ordentlich getrocknet ist wird das Vorlegeband in den Rahmen geklebt, die Scheibe eingelegt und die richtigen Klötze werden ausgesucht.
Mit der eingesetzten Scheibe werden die Leisten die die Scheibe im Rahmen halten angepasst. Auch die Leisten habe ich mit Vorlegeband beklebt. Da die Leisten auf der Innenseite liegen habe hier keinen Lack sondern Leinölfirniss aufgetragen. Außerdem habe ich die Löcher für die Nägel vorgebohrt damit die Leisten nicht aufreißen.
Zum Abschluss werden die Leisten eingesetzt und am Rahmen vernagelt. Zum Schutz der Scheibe habe ich eine dünne Kiefernplatte untergelegt. Nachdem ich mich vergewissert habe das das Fenster immer noch gut in den Rahmen passt wurden die Fugen zwischen Glas und Holz mit Silikon verspritzt.
Als letzte Tat wurde die Dichtung eingesetzt. Obwohl ich Nuten für 2 Dichtungen vorgesehen habe ist bisher nur eine in Verwendung, da das völlig reicht. Ich kann jedenfalls keinen Zug spüren.
Einbau im Bauwagen
Beim Bau habe ich zwar einen Platz für das Fenster im Rahmenwerk vorgesehen, aber die vorgehängte Außenfassade habe ich durchlaufen lassen. Die muss jetzt natürlich aufgeschnitten werden. Mit Tauch-, Stich- und Japansäge sowie einem scharfen Stecheisen ist das leicht zu erledigen.
Dann folgt die Ernüchterung! Ich habe vergessen Platz für das Kompriband einzuberechnen und so muss der Rahmen noch etwas angepasst werden. Auch hier tut die Tauchsäge gute Dienste, was sie nicht schafft erledigt das Stecheisen.
Der Rest ist genauso wie bei den anderen Fenstern: Rahmen vorbohren, Kompriband drauf, Fenster ausrichten und festschrauben. Allerdings musste ich hier noch den leicht verzogenen Rahmen in Form zwängen damit das Fenster dicht schließen kann. Das war leicht und hat gut geklappt.
Insgesamt ist das Fenster auf maximal mögliche Größe geplant worden. Daher ist nur wenig Platz um einen Rahmen für die Hinterlüftung auf der Außenseite anzubringen. Auch die Abdeckung der Hinterlüftung unter der Regenrinne musste dran glauben. Das ist nicht übermäßig hübsch, aber ansonsten wäre das Fenster einfach zu klein.